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Sitzlehre: der Knieschluss oder: wer klemmt, verliert

„Die Knie sollten am Sattelblatt liegen“, so heißt es in vielen Reitbüchern. Die guten davon erwähnen dabei auch noch das schöne Wörtchen „locker“, leider meist auch noch unter Erwähnung des Zauberwortes „Knieschluss“. Das macht die ganze Sache schon wieder verzwickt, undurchsichtig und irgendwie fragwürdig. Knieschluss… Soll man die Knie denn nun zu machen oder nicht? Ist gar der Knieschluss sogar der Weisheit letzter solcher? (Ich liebe Wortspiele ;-)) Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten:

Knieschluss ja, aber nur in den wenigen Situationen der Reiterei, in denen das Gewicht des Reiters im leichten Sitz (also Hintern aus dem Sattel) von den Knien gehalten werden muss. Ein Beispiel wäre die Landung beim Springen, im Jagdgalopp, beim Bergabreiten im leichten Sitz oder beim Leichttraben. In diesem Fällen schließt sich das Knie fester am Sattel, um den Sitz zu stabilisieren und den Reiter über den beiden Knien auszubalancieren. Das heißt jedoch nicht, dass die Knie schraubstockartig am Sattel klemmen. Ein Reiter ist ein Reiter und keine Wäscheklammer, das Pferd ein Pferd und kein Motorrad. Der Knieschluss stützt den Reiter nach oben ab, er sorgt nicht für seitlichen Halt. Dafür ist die Balance zuständig.

Sobald die Knie fest ans Sattelblatt gedrückt werden ist ein lockerer Sitz nämlich schlicht nicht mehr möglich, von Hilfen ganz zu schweigen. Grund: Die Innenseiten der Oberschenkel werden angespannt, der Oberschenkel wird nach innen gedreht, womit sich die Unterschenkel samt Fersen nach außen bewegen (damit ist eine saubere Schenkelhilfe nicht mehr machbar), das Becken kippt ab (Gewichtshilfen sind so nicht mehr möglich), der Reiter verkrampft. Das geht sogar so weit, dass auch die Zügeleinwirkung hart und ungenau wird. Alles in allem geht die Kontrolle über das Pferd verloren.

Dass auch die Pferde von einem klemmenden Knie nicht begeistert sind ist keine Frage. Die Reaktionen unserer vierbeinigen Freunde gehen dabei weit auseinander. Die einen, meist erfahrene Schulpferde, bleiben einfach stehen und warten, ob der Klammeraffe da oben seinen Schraubstock irgendwann wieder löst („Wenn Du’s dann hast können wir weiter laufen“), etwas temperamentvollere Exemplare drücken aufs Gas („Aua, mein Rücken, ich bin dann mal weg“), die ganz unentspannten rasen nicht nur los sondern versuchen auch noch, das lästige Ding, das sich da gerade auf ihrem Rücken festklemmt, los zu werden, indem sie buckeln oder steigen („Runter von mir, ich bin doch kein Schaukelpferd!“). Alle möglichen Reaktionen sind weder gewünscht noch angenehm für den Reiter.

Deshalb ist es vor allem für Anfänger sehr wichtig, einen unabhängigen, gut ausbalancierten Sitz zu lernen. Unabhängig heißt, er muss nicht krampfhaft nach Balken in der Luft ausschau halten, klemmt sich weder mit Knien noch mit den Fersen fest und missbraucht auch die Zügel nicht als Halteriemen. Nur dann kann er ausbalanciert im Satten sitzen, das Knie locker (!) an den Sattel geschmiegt, das Reiterbein entspannt, die Fußgelenke federnd.

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