Ein Gastartikel zu einer Problematik, die für Reitvereine ein ohnehin schon nicht leichtes Thema noch heikler gestaltet. Es geht darin um die Frage, inwieweit die Vereine für Unfälle haften.
Es gibt in der Rechtssprache den Begriff des Nutztierprivilegs. Dieser gesteht Vereinen eine Haftungsbefreiung zu. Ein Verein mit Reittieren müsste diese dazu zur Realisierung von gemeinnützigen Zwecken und auf non-profit-Basis bereithalten.
Der Bundesgerichtshof hat jedoch entschieden, dass sich Reittherapievereine, die Training und Therapie für Behinderte durchführen, auf eben dieses Nutztierprivileg nicht mehr beziehen können. Ein kaum abzuwägendes Haftungsrisiko – was ging dem voraus?
Eingetragener Reitverein und seine Haftung
Im Jahre 2010 hatte ein eingetragener Verein (e.V.) einer an einer Behinderung leidenden Frau, der späteren Klägerin, Reittherapiestunden erteilt. Zugegen war auch ihre Tochter, die zum Zeitpunkt des Unfalls in diesem Jahre der Mutter vorausritt.
Durch diesen Umstand und damit fehlenden Zeugen konnte die Schuldfrage des Unfalls nicht geklärt werden. Das Gericht nahm an, dass der Sturz der Klägerin durch das vor ihr laufende Pferd bzw. dessen Verhalten verursacht wurde. Das Gericht in vorletzter Instanz ließ zunächst eine Revision des Reitlehrers bzw. des Vereins zu, die letzte Instanz wandelte diese aber nicht in einen Freispruch um.
Was ist der Hintergrund dieser Entscheidung gewesen?
Keine Entlastung mehr für gemeinnützige Vereine
Es ist nun so geregelt, dass Tierhalter nach Paragraph 833 Satz 2 des BGB sich von ihrer Gefährdungshaftung, die sie zunächst einmal per se einnehmen, befreien können – dann, wenn ihre Tiere sorgsam beaufsichtigt werden und es sich um Haustiere dreht. Die Satzung eines Reitvereins mit Fokus auf Therapie steht dem nun entgegen.
Dort nämlich trägt das Pferd zum größten Teil für seinen eigenen Unterhalt bei. Da die sogenannte Gewinnerzielungsabsicht fehlt, kommen alle Einnahmen den Tieren selbst sowie der Erhaltung des Reitvereins zu Gute. Daher kommt das Nutztierprivileg nicht zur Geltung.
Auch wurde der Klägerin keine Teilschuld zugewiesen, da sie trotz ihrer Beeinträchtigung Reitunterricht nahm. Sie konnte sich gewahr sein, dass der Reitlehrer ihre Behinderung berücksichtigen würde und dieser Rechnung trug.
Der Beschluss des BGH nimmt Vereine nun in für sie unkalkulierbare Haftungsrisiken. Aber auch Reitschüler sollten für alle Fälle die rechtliche Lage gut kennen.
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Entscheidungen des BGH